Prolit Promotionsstudiengang "Literaturwissenschaft"
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Olga Lantukhova

Beglaubigte Zeitzeugnisse. Das Authentische in der literarischen Erinnerungsarbeit am Ersten Weltkrieg

Ergon Verlag, 2020


Dieses Projekt leistet eine empirisch-komparatistische Untersuchung der literarischen Erinnerungsarbeit an den Ereignissen des Ersten Weltkrieges. Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts hat die literarische Narrationsweise einschneidend verändert. Die in der Philosophie der Sprachskepsis um die Jahrhundertwende geäußerten Zweifel am Darstellungspotential der Literatur sowie an ihrer Wirklichkeitsbezogenheit überhaupt wurden während des Krieges durch den Zusammenbruch jeglicher Verständigungs- und Kommunikationsmöglichkeit in den Zeiten der technisch-industriellen Massendestruktion noch akzentuiert. Aus der Desillusionierung entstand die Suche nach einer „wirklichkeitsgetreuen“ Kriegsdarstellung und fand ihre Äußerung in einer Aufwertung der Authentizität. Die literarische Erinnerungsarbeit an den Kriegsereignissen wurde in erster Linie von unmittelbaren Zeugen des Geschehens unternommen, die eigene Fronterfahrungen durch literarische Verarbeitung in das kollektive kulturelle Gedächtnis übertrugen. Das Authentische steht im Mittelpunkt dieser Analyse. Untersucht werden seine Formen (autobiographische Erzählung von Kriegsteilnehmern, Elemente der Alltagsgeschichte, Textcollagen mit Verwendung von offiziellen Dokumenten, Zitaten, Texten aus Massenmedien sowie Briefen und Tagebucheinträgen, Wiedergabe von Stimmen und Geräuschen, explizite Auseinandersetzung mit dem Körperlichen) sowie seine Bedeutungen und Funktionen. Die Arbeit beschäftigt sich mit Prosawerken aus Deutschland und anderen europäischen Ländern. Die zu untersuchenden Werke gehören unterschiedlichen Stilrichtungen und literarischen Räumen an, sie spiegeln aber die Zentriertheit auf Authentizität wider, die sich in allen europäischen Kulturen durchgesetzt hat. Eines der Zielsetzungen des Projekts ist, zur Untersuchung der Anziehungskraft des Authentischen als eines Merkmals vom Medienzeitalter beizutragen.