Prolit Promotionsstudiengang "Literaturwissenschaft"
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Fabienne Imlinger

Hermaphroditische Anatomien

Königshausen & Neumann, 2015

,Anatomie ist Schicksal’ – Bis heute ist das berüchtigte Bonmot Sigmund Freuds unmittelbar sinnfällig. Es findet sich darin nicht lediglich ein medizinisches Fachwissen um den Bau des menschlichen Körpers verdichtet, sondern vor allen Dingen ein Wissen um den geschlechtlichen Körper: Anatomie fungiert als Synonym für eine als unveränderlich gedachte, eindeutige Natur der Geschlechter. Entgegen eines solchen Verständnisses entfaltet die vorliegende Studie eine Genealogie geschlechtlicher Uneindeutigkeit. Auch der hermaphroditische Körper hat eine Geschichte – so lautet die ebenso einfache wie grundlegende Prämisse. Auf der Historizität von Hermaphroditismus bzw. Intersexualität zu insistieren ist deshalb umso notwendiger, weil geschlechtliche Uneindeutigkeit aus der Genealogie des Geschlechtskörpers, wie sie in Gender und Queer Studies eingefordert und unternommen wurde, bislang häufig ausgespart wurde. Der Studie liegt die Annahme zugrunde, dass anatomische Verfahrensweisen konstitutiv schriftlich verfasst sind und die Anatomie entsprechend als Teil einer Kulturtheorie der Schrift verstanden werden kann. Auf diese Weise zeichnen die vorgelegten Lektüren eine spezifisch anatomische Schreibweise nach, in Texten wie etwa Platons ,Symposion’ oder Vesals ,De humani corporis fabrica’, der ,Encyclopédie’ Diderots und D’Alemberts oder Flauberts ,Madame Bovary’.