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Interdisziplinäre Sprachkonzeptionen in (post-)sowjetischer Dichtung zwischen Naturwissenschaft, Photographie und Schreibpraxis: Arkadij Dragomoščenko und Aleksej Parščikov
Mein Projekt untersucht sprachtheoretische Konzeptionen von „Sprachrealität“ und „Sprachraum“ in den Texten inoffizieller (post-)sowjetischer Dichter:innen der 1980er und 90er Jahre, mit primären Fokus auf zwei aus der Ukraine stammende russischsprachige Autoren: Arkadij Dragomoščenko (1946-2012) und Aleksej Parščikov (1954-2009). Das Projekt erforscht insbesondere sowohl interdisziplinäre Schnittstellen zwischen Poetologie, Naturwissenschaft und Naturphilosophie als auch intermediale Reflexionen über Dichtung und Photographie im Werk der Autoren.
In einer Epoche der ökonomisch-sozialen Stagnation zwischen der Brežnev-Zeit und dem sukzessiven Zerfall der UdSSR, wo die offizielle sowjetische Kultur und das reale Alltagsleben der Bevölkerung immer weiter auseinanderfielen, untersucht mein Projekt alternative Vereinbarungsmöglichkeiten von Literatur und Wirklichkeit durch die Stimmen inoffizieller russischsprachiger Dichter:innen aus der Peripherie der Sowjetunion. Gemeinsam für ihre Schreibpraxis ist nämlich die Ablehnung objektivierender Darstellungsmittel sowjetischer realistischer Literatur und Lyrik und die gleichzeitige Suche nach alternativen Ausdrückmöglichkeiten realer Erfahrung mittels dichterischer Sprache. Akzentuiert werden in ihren dichterischen Texten materiell-empfindliche Konnotationen und metaphorische Anspielungen auf naturwissenschaftliche Prinzipien und photographischen Prozessen.
Ziel dieses Projektes ist die Herausarbeitung eines Überblicks über die sprach- und dichtungstheoretischen Ansichten der Autoren und ihre entsprechende Kontextualisierung innerhalb (post-)sowjetischer Underground-Literatur und Kultur. Um das zu erreichen, untersucht mein Projekt zuerst die konzeptuellen Schnittstellen zwischen naturwissenschaftlichen, philosophischen und sprachtheoretischen Theorien im essayistischen und dichterischen Werk von Dragomoščenko und Parščikov. Vor diesem theoretischen Hintergrund analysiert das Projekt zunächst die Wirkung solcher Spekulationen auf die Form und Schreibweise ihrer dichterischen Texte. Schließlich soll mein Projekt die Spezifik dieser Sprachkonzeptionen im literaturhistorischen Kontext (post-)sowjetischer Kultur, unter besonderer Berücksichtigung der ukrainischen Motivik im Werk beider Autoren.